Gütertriebzug

Die treibende Kraft der Innovation im SGV

Scheideweg und "Zugzwang"

2020. június 15. 10:53 - újember

Es ist eine gute Angewohnheit, immer wieder Resümee zu ziehen:
- Wie ist das Tagewerk gelungen? Was ist unerledigt geblieben, welche Fehler sind unterlaufen und wie lassen sie sich gutmachen?
- Welche Prioritäten setzen wir als Branche / Volkswirtschaft / kontinentale Gemeinschaft / individuelle Menschen für eine bestimmte Zeitperiode? Konnten wir uns daran halten, oder sind wir auf dem besten Weg, unsere prioritären Ziele haushoch zu verfehlen?
- Inwieweit bin ich über Gebühr vereinnahmt von meinen Ideen oder von meinem Werk, sodass kontraproduktive Auswirkungen drohen?

Die Güterbahnbranche steht aktuell im Rampenlicht, in der Pflicht (Stichwort Energie und Klima) -- und in der akuten Gefahr, trotz - oft reichlich späten - Investitionen in Rekordhöhe in das System Bahn in sie gesetzte Erwartungen schwer zu enttäuschen. Wenn es noch eine Chance gibt, letzteres zu vermeiden und die Gunst der Stunde erfolgreich zu nutzen: Auf welcher Basis wäre dies realistisch möglich? Die Regierungen und die Staatengemeinschaft(en) sind zwecks Abwendung der drohenden Krise der menschlichen Zivilisation im Zugzwang. Mittlerweile bekennen sie sich mehr oder weniger glaubhaft und tatkräftig zur Priorisierung des Bahntransports und kombinierten Verkehrs; insofern besteht - zur Vermeidung von Prestigeverlust und Misserfolgen - quasi ein Zwang zum Zug. Die Branche steht an einem Scheideweg.

Es folgen meine subjektiven Gedanken – ohne konkreten Anlass, als hochaktuelles Resümee unserer Situation.

In Ostmitteleuropa und gewiss auch in anderen Weltgegenden sind wir mit einem eklatanten Mangel an Sachpolitikern konfrontiert. Umso bedauerlicher, wenn etwa das slowakische Verkehrsressort einen der wenigen, die wir haben, infolge eines koalitionspolitischen Geplänkels verliert. Ein mehr oder weniger großes Defizit an Sachkompetenz und langfristig angelegtem Denken besteht naturgemäß seitens praktisch aller Regierungen, idealer Weise wird dies durch einen kompetenten Apparat in den Ministerien, das Engagement entsprechender Berater und den Dialog mit Branchenvertretern und Lobbyisten wettgemacht. Nicht nur von letzterer Berufsgruppe geht zugleich die Bedrohung der Geltendmachung partikulärer Interessen zu Lasten des Gemeinwohls aus. Verschiedene Spielarten des kollektiven Egoismus und Berufsstolzes haben eine ähnlich ungünstige Wirkung, letztendlich egal ob man damit im gesetzlichen Rahmen bleibt oder sich auch illegaler Methoden bedient.

Optimistisch betrachtet scheinen die Regierungen, zumindest im deutschen Sprachraum und generell in der EU, den Ernst der Stunde und insbesondere auch den möglichen Beitrag des Bahnwesens zum "Krisenmanagement" begriffen zu haben. Entsprechende budgetäre u. a. Prioritäten werden gesetzt, obschon sich die Finanz- und Gesamtsituation nur zu oft als labile Achterbahn darstellt. Als hoffnungslos verschrienen Ländern und Weltgegenden gelingt - im Anschluss an die Muskelpakete der Weltwirtschaft und im Windschatten der Weltöffentlichkeit - oft Erstaunliches und Respekt Gebietendes: Aufschwung jenseits des nackten Überlebens, Erfolge an der Armuts-, Klima- und Verkehrsfront, Hoffnung für ein neues globales Gleichgewicht. Parallel zur viel zu lang andauernden verkehrspolitischen Einseitigkeit und 'Schläfrigkeit' der Regierungen hat auch die Güterbahnbranche ihre eigene technische und betriebliche Modernisierung weitgehend verschlafen, einmal abgesehen von den Sachzwängen, Kräften und Mechanismen, die dem entgegen stehen.

Vor dem erwähnten Hintergrund besteht nun die Chance, letzteres nachzuholen, um den absolut inakzeptablen Effizienz- und Innovationsrückstand verglichen mit der Straßenfracht aufzuholen und für die ökonomisch und ökologisch sinnvollen, nachhaltigen Verkehre eine vernünftig erscheinende Arbeitsteilung zu erreichen. Etliche wichtige Akteure schicken sich an, dahingehend Ernst zu machen. Genauer betrachtet überzeugt die Zwischenbilanz nicht.

Was ist das Problem?

Niedrige betriebliche Effizienz und Nutzungsgrad der Ressourcen aufgrund der Anwendung veralteter technischer und betrieblicher Lösungen. Infolge dessen verlieren die Vorteile der Bahn gegenüber anderen Modalitäten an Gewicht, die Zuverlässigkeit und Attraktivität der Bahn leidet - teils auch aufgrund des unzulänglichen regulativen Umfeldes.

– Der spezifische Energiebedarf des Bahntransports ist zwar am günstigsten, aber aufgrund der komplexeren Systeme setzt ein effizienter Bahnbetrieb eine höhere Kultur der Zusammenarbeit voraus als im Straßentransport erforderlich. Die dominanten Fixkosten werden überwiegend von Staaten gestemmt, die zum Teil mit Blick auf Vorgenanntes oder aus diversen Gründen und Sachzwängen immer noch den für zweckdienlicher, unproblematischer gehaltenen Straßenverkehr bevorzugen.

Ich denke, die meisten wesentlichen Problemfelder, die sich nachteilig auf die Wettbewerbspositionen der Bahn auswirken, können dem einen oder anderen Punkt zugeordnet werden. Zusätzlich ist die Kombilogistik mit dem Problem konfrontiert: Zwar gibt es eine Reihe technisch mehr oder weniger ausgereifter Ansätze, die Effizienz des Umschlags von Trailern und Wechselbehältern zu steigern, die umgesetzten Systeme behaupten sich jedoch schwer auf dem Markt, da sie eigene Standards schaffen bzw. beträchtliche Trassen- oder LKW-seitige Investitionen erfordern.

Daraus ergeben sich folgende grundlegenden Schlussfolgerungen:

+ Die Lösung dieses gordischen Knotens ist mindestens so komplex wie das System Bahn an sich. Ein systematischer und sachdienlicher umfassender Ansatz muss konsequent verfolgt werden, der für den Kunden und auch für die Politik eine einfach zu nutzende, attraktive, berechenbare Lösung darstellt.

+ Zweckdienlich kann ein solcher Ansatz insbesondere dann sein, wenn er unter dem Strich eine effizientere Nutzung der Ressourcen und bessere Konditionen für alle Beteiligten ergibt, wodurch ein erheblicher Modal Shift hin zur Bahn zumindest möglich wird, einschließlich auch eines höheren Anteils der Schienenverkehrsleistung im KV und der nachhaltigen Bedienung kürzerer Transportläufe. Die verladende Wirtschaft muss dort abgeholt werden, wo sie ist.

+ Der Gesamterfolg dürfte stark vom Erfolg und von der Marktakzeptanz sogenannter Game Changer abhängen, die dem System Bahn nebst einer Reihe von Grundvoraussetzungen jenes Plus an Effizienz verleihen, das einen erheblichen Modal Shift bewirken kann. Zwei solche Game Changer sind die Digitalisierung und der verteilte Antrieb im Güterverkehr. Es liegt auch nahe, dass aus regulatorischer Sicht neue Gegebenheiten marktneutral berücksichtigt werden müssen, damit dem kommerziellen Erfolg keine administrativen Hindernisse entgegen stehen.

Wollen oder können wir den daraus folgenden Weg nicht gemeinsam mit der Politik gehen, dann bleibt wirklich nur die elektrifizierte Autobahn und das Eingeständnis der Unfähigkeit zur Erneuerung mit ausreichender Breiten- und Tiefenwirkung. Die Geschwindigkeit und der Umfang der eben erst wieder im größeren Stil in Angriff genommenen Innovationsbemühungen ist insgesamt noch unzulänglich und viel zu zaghaft ("herumbasteln" statt radikal neue Ansätze bzw. ein Erfolg versprechendes Maßnahmenmix). Auf dieser Basis erscheint völlig unklar, wie die Branche und die Politik die ehrgeizigen Verlagerungs- und Emissionsziele für 2030 und 2050 erreichen will.

Ich behaupte keinen Augenblick, verteilter Antrieb sei ein Allheilmittel oder das Wesentliche an der Erneuerung des SGV. Die digitale Mittelpufferkupplung beispielsweise ist grundlegender, unabhängig von der Traktionsform. Die Anwendung der Triebzugtechnik als Traktionsalternative erscheint mir als ein besonders gewichtiges jener Extragewichte, die derzeit noch aus der Waagschale fehlen. In einigen wichtigen Geschäftsfeldern kann verteilte Traktion die Auslastung der Ressourcen, die Effizienz und Rentabilität des KV und SGV so erheblich verbessern, dass Neugeschäfte im nennenswerten Umfang realisiert werden und sich derzeit ungenutzte, noch nicht umgesetzte oder noch völlig unbekannte neue Geschäftszweige etablieren können. Eine solche kommerziell überzeugende Lösung kann einen Trend hin zu innovativem Rollmaterial begründen bzw. beschleunigen - auch Anbieter konventioneller Traktionslösungen werden sich rascher bewegen müssen.

Es liegen beim Vorgängerprojekt ARON Rail Cargo System Kalkulationen aus dem Jahr 2016 vor, die nahelegen, dass sich Gütertriebzüge im klassischen KV rentieren können, nicht zuletzt aber auch in Geschäftsfeldern wie Zwischenwerkverkehr von Halle zu Halle, oder InterCity-Taktverkehre auf stark befahrenen Routen verbunden mit einer schlanken, smarten Ressource für den Horizontalumschlag unter dem Fahrdraht für eine größere Anzahl KV-Umschlagpunkte näher bei den Kunden.

Der Break Even erscheint bereits im heutigen Umfeld möglich. Für einen durchschlagenden Erfolg sollten alle wichtigen Faktoren in Einklang gebracht werden. Im Alleingang taugt Triebzugtechnik im GV nichts, weil isoliert betrachtet viel zu teuer. Diese Traktionsform kann aber - wenn die fahrzeugtechnischen, logistischen, betrieblichen und legislativen Voraussetzungen gegeben sind - ausreichend viel dazu beitragen, die Umläufe zu beschleunigen, die Produktivität des SGV-Rollmaterials zu verbessern und die Kapazität der Schienenwege gemessen am durchgesetzten Volumen zu erhöhen, dass sich der zusätzliche Aufwand für eine Reihe von Anwendungen mehr als lohnt.

Ich wage keine Prognose, in welchem Ausmaß verteilter Antrieb zur Lösung beitragen wird. Ich bezweifle, ob eine aussagekräftige, verlässliche Prognose möglich ist - mit Blick auf die Komplexität der Materie und erst recht auf das volatile politische und weltwirtschaftliche Umfeld sowie auf das bisherige chaotische Verkehrswesen. Selbst eine rückblickende Einschätzung wäre nicht banal. Allerdings wird sich bei Verfügbarkeit eines hocheffizienten universellen Basis-Fahrzeugsystems mit verteiltem Antrieb bald erweisen, in welchen Ländern sich Gütertriebzüge wofür kommerziell bewähren und wie sich in diesen Märkten der Modal Split entwickelt.

Ist etwas faul an dieser Argumentation, interessiert mich: was, warum, und welche Schlussfolgerungen legt dies nahe?
Insofern sie stichhaltig ist, sollte eine Koalition der Willigen baldmöglichst ein derartiges universales Basisfahrzeug umsetzen: einen intelligenten Zug mit verteiltem Antrieb, in den alle anderen relevanten innovativen Lösungen integriert werden und der im zeitgemäßen betrieblichen Rahmen zum Einsatz kommt. Mit Hilfe der Bahnbetriebssoftware lässt sich auf Basis der kommerziellen Daten, Einsatzparameter, und der operativen Erfahrung des Managements ermitteln, welche Traktionsform sich für eine gegebene Relation bzw. Frachtaufgabe rechnet.

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